Was tun gegen Canvas Fingerprinting?

Canvas Fingerprinting ist das neueste Schreckgespenst im bereich Tracking von Usern auf ihrem Weg durchs Web. Momentan nutzen ca. 5% der Websites die Technik, aber es ist zu befürchten, dass sich die Nutzung ausweitet, wenn nicht schnell Gegenmaßnahmen gegen die Technik gefunden werden. Also, was tun?

Um zu verstehen was wir gegen die Tracking-Technik tun können, müssen wir erst mal verstehen, was sie tut. Beim Canvas Fingerprinting fordert eine Webseite den Brwoser auf ein Bild zu zeichnen und nutzt dafür das <canvas> Element. In dem Bild werden verschiedene Buchstaben in mehreren Farben und Schriftarten gezeichnet. Abhängig davon welche Schriften intalliert sind, welchen Browser man Benutzt, wie die Hardware der Grafikkarte beschleunigte Befehle genau umsetzt, welches Betriebssystem in welcher Version eingesetzt wird, sieht das Bild, das der Browser zeichnet immer minimal anders aus. Nach dem Zeichnen wird das Bild binär ausgelesen und ein Hash gebildet. Der Hash fungiert als Fingerabdruck um den Nutzer zu identifizieren.

Der Tor-Browser z.B. blockt lesende Zugriffe auf Canvas-Elemente standardmäßig, aber andere Browser tun das nicht, weil es auch sinnvolle Anwendungen für solche Zugriffe gibt, bei denen nicht nur der Nutzer überwacht wird. Cookies zu Blockieren hilft gegen Canvas Fingerprinting nicht und auch Plugins wie AdblockPlus können die Privatsphäre des Nutzers momentan noch nicht sichern. Daher die Besorgnis z.B. in diesem Artikel bei Spiegel Online.

Nun nutzt die Technik aber nur dann etwas, wenn der so generierte Fingerabdruck sich nicht ständig ändert. Genau das ist aber eigentlich leicht zu erreichen. Ein kleiner Hauch von Zufall wie z.B. ein um einen Helligkeitswert unterschiedlichen Pixel in der Canvas führt zu einem komplett unterschiedlichen Hash und damit zu einem anderen Fingerabdruck. Wenn der Browser ein unsichtbares Rauschen in jedes <canvas>-Element einbauen würde, könnte es nicht mehr zum Tracking missbraucht werden. Hier sind also jetzt die Browserhersteller am Zug, so ein minimales Rauschen in die Bilder einzubauen. Und wir Nutzer sind am Zug, dieses Feature von Browser-Herstellern einzufordern.

Was tun mit unseren Spuren in der Öffentlichkeit?

Wenn wir uns in der Öffentlichkeit bewegen hinterlassen wir Spuren. Wenn wir eine Straße entlang laufen und jemand fotografiert seine Einfahrt könnten wir auf dem Foto sein. Das Foto kann in die digitale Sphäre gelangen und dort finden sich andere, digitale Spuren wie Tweets oder Kommentare in Blogs. Mit etwas Technik können diese Daten zusammen geführt und ausgewertet werden. Dabei entsteht eine ernsthafte Gefahr für unsere Privatsphäre. Wie sollte man mit dieser Gefahr umgehen?

Das Problem ist nicht neu. Seit es Fotos gibt, könnten wir auf Schnappschüssen drauf sein. Seit es das Internet gibt, hinterlassen wir dort Spuren. Seit Web 2.0 sind unsere Spuren auch für Nicht-Techniknerds lesbar geworden. Geräte wie Smartphones veranlassen uns mehr und mehr Spuren zu hinterlassen. Wer all diese Daten zusammen führt hat bereits ein sehr detailliertes Profil von unserem Leben, ganz ohne dass explizit private Informationen ausgehorcht wurden.

Als mündige Bewohner des Internets muss uns die Gefahr bewusst sein, dass jemand alle Informationen zu uns zusammen tragen könnte und damit ein Profil erstellt. Google, Facebook, Microsoft, Apple und Twitter tun das ganz sicher (und führen die öffentlichen Informationen mit weniger öffentlichen zusammen, die ihnen nicht unbedingt bekannt sein sollten). Geheimdieste wie die NSA sammeln sowieso alle Informationen und erstellen ein Profil. Wir müssen uns also sowieso gegen diesen Angriff auf unsere Privatsphäre verteidigen. Zu unseren Möglichkeiten zählt:

  • Spuren reduzieren:
  • GPS am Handy mal deaktivieren und prüfen welche Apps darauf zugreifen
  • Cookies löschen (z.B. mit einem Plugin wie dem Vanilla Cookie Manager)
  • Verschiedene Suchmaschinen benutzen (meine Empfehlung ist StartPage)
  • Tweets ohne Geo-Koordinaten und ohne private Informationen bzw. sowas nur selten machen
  • Wlan am Handy deakivieren, wenn man die Wohnung verlässt
  • Flugzeugmodus aktivieren, wenn man keinen Anruf empfangen muss
  • Diaspora statt Facebook verwenden (kostenloser deutscher Diaspora Pod)
  • Spuren verwischen:
  • Tweets und Bilder mit falschen Geo-Informationen veröffentlichen
  • Tweets timen, damit aus den Metadaten weniger Rückschlüsse auf den Tagesablauf möglich sind
  • Sinnlose Suchanfragen bei Google und Facebook, am Besten per Bot
  • Mehrere Pseudonyme online benutzen und jegliche Beziehung zwischen diesen verschweigen
  • Accounts und Pseudonyme öfter wechseln
  • Ironie und Sarkasmus verwenden (Bots können das nur schwer erkennen)
  • Verschlüsseln:
  • PGP bei Mails
  • HTTPS mit forward secrecy benutzen
  • Files als verschlüsselte Container frei geben und das Passwort verschlüsselt mailen
  • Verschlüsselte Container ohne nützliche Daten öfter mal irgendwo hochladen und den Link dazu posten

Das klingt jetzt so, als müssten sich nur die Bürger schützen und sie sind selbst schuld, wenn sie das nicht tun. Ich verwehre mich dieser Sichtweise, weil jeder, der Daten anvertraut bekommt die Verantwortung hat diese zu schützen. Ich finde es abscheulich, was die NSA tut und ich verurteile Google, Facebook, Apple, etc. für ihre Sammelwut privater Daten und ihre Erstellung von Profilen über jeden von uns. Es ist verwerflich die Privatsphäre von Nutzern als Geschäftsmodell zu verwenden und es ist auch verwerflich diese aus weniger kommerziellen Gründen zu verletzen. Die Privatsphäre wird nicht ausgesetzt, weil ein Raum öffentlich ist, egal ob digital oder analog. Einen Schnappschuss oder Screenshot zu machen ist nicht schlimm. Aber es ist schlimm öffentliche Informationen so zusammen zu tragen, dass ein privates Bild eines Lebens ensteht.

Meine moralische Argumentation gegen die Erstellung von Profilen über Nutzer wird diejenigen, die damit Geld verdienen nicht davon abhalten das zu tun. Daher auch meine Tipps am Anfang. Wir haben technische Möglichkeiten uns zu schützen, auch wenn wir alle gerne in einer Welt leben würden, wo diese nicht gebraucht werden.

Django-CMS als Blogsoftware

Diese Seite läuft nun seit einigen Wochen auf Django-CMS und ich nehme mir nun mal die Zeit für eine kurze Beschreibung meiner Erfahrungen.

Ich hatte meine Seite vorher auf Wordpress laufen, wovon ich weg musste, weil ich keine MySQL-Datenbank mehr nutzen wollte. Die Unterstützung von Postgres per inoffiziellem pg4wp-Plugin war leider ungenügend und konnte mit den Wordpress-Updates nicht mithalten.

Also habe ich mich mal an Django-CMS gewagt, wo gerade Version 3.0 erschienen war. Die Installation eines Django-basierenden Webprojekts kannte ich schon von Findeco, was es für mich relativ einfach gemacht hat. Eine Warnung für andere Wordpress-Umsteiger: Django-Installationen setzen meist einen V-Server oder Root-Server voraus und sind alles in allem schon komplizierter als eine Wordpress-Installation. Ein Vorteil ist, dass man PHP nicht braucht und sich das bei der Einrichtung u.U. sparen kann.

Django-CMS enthält keinen Blog, sodass ich die Blog-Funktionalität per Plugin nachrüsten musste. Nach einem Versuch mit djangocms_blog, das ich einfach nicht zum Laufen bekommen habe, bin ich mit Aldryn_blog weiter gekommen. Das ist das Plugin, das ich aktuell benutze. Blogposts stehen dann in einer eigenen Tabelle und haben immer einen Einleitungsabschnitt, den man schreibt, wenn man einen neuen Post erstellt. Das erste Hindernis ist, dass die weiteren Paragraphen nicht an dieser Stelle erstellt werden können. Stattdessen muss man den neuen Post speichern und in dessen Strukturansicht einen neuen Textabschnitt erstellen. Das ist von der Usability her weder naheliegend noch sinnvoll.

Ein weiteres großes Problem ist, dass Django-CMS gar nicht responsive ist. Effektiv ist das Backend von Mobilgeräten gar nicht zu bedienen. Es ist nicht nur unpraktisch, sondern es geht schlicht nicht. Selbst wenn sich der mobile Browser als Desktop-Version ausgibt, kann Django-CMS nicht mit dem Mobilgerät bedient werden. Meiner Ansicht nach ist das ein ziemlicher Fail!

Schön ist die Geschwindigkeit der Seite. Gefühlt ist meine Seite seit der Umstellung doppelt so schnell. Außerdem arbeitet Django-CMS mit verschiedensten Datenbanken ohne Probleme und bietet völlige Freiheit bei der Gestaltung der Templates. Auch ist der WYMEditor beim Editieren der Texte eine Wohltat. Schade nur, dass es keine Single-Page-App ist, was z.B. das Einfügen von Links unnötig langsam macht, wenn die Verbindung zum Server eine größere Latenz hat.

Alles in allem konnte mich Django-CMS nicht 100% überzeugen. Die Grundsätzliche Idee ist gut, aber nach der mühsamen Einrichtung hätte ich eine höhere gefühlte Geschwindigkeit erwartet. Auch ist keines der Blog-Plugins vollständig zufriedenstellend. Die bessere Geschwindigkeit und der Datenbanksupport sind große Pluspunkte. Trotzdem würde ich von Django-CMS für eine kleine Webseite mit Blog abraten. Andere Blogsysteme sind weniger stressig zu installieren und bieten ähnliche Funktionalität. Was gebraucht würde wäre ein Django-Angular-CMS mit Responsive Design. Das wäre gefühlt schneller beim Editieren und könnte die gleiche Funktionalität bieten. Mal abwarten, was da noch alles entwickelt wird...

Update 2016

Der Administrationsaufwand war es im Endeffekt nicht wert. Inzwischen habe ich auf statische Seiten umgestellt.

Der neue machtlose BuVo der Piraten

So, der außerordentliche Bundesparteitag der Piraten ist vorbei und es gibt einen neuen Vorstand. Das ist eine gute Nachricht, denn wir brauchen einen Vorstand um 1. dem Parteiengesetz genüge zu tun und 2. Verwaltungsaufgaben zu übernehmen.

Die Namen der Mitglieder des neuen Vorstands lasse ich hier bewusst aus, weil der Vorstand keinen größeren Einfluss auf die politischen Aktivitäten der Piraten hat, als die ca. 30000 Piraten die nicht im Vorstand sind. Um etwas über den zukünftigen Kurs der Piraten auszusagen müsste ich alle Namen nennen, oder keine. Also nenne ich keine Namen und erkläre lieber nochmal, warum der Vorstand bei den Piraten weniger Macht hat, als bei anderen Parteien.

Es gibt bei den Piraten keine Leitanträge. Jeder Pirat hat volles Antragsrecht. Das bezieht sich auf Wahlprogramm, Satzung und sonstige Anträge. Es kann also jederzeit jeder Pirat jede Änderung beantragen. Abgestimmt werden diese Anträge auf Parteitagen ohne Delegierte. Jeder Pirat kann zum Parteitag kommen und hat eine Stimme. Der Vorstand ist an diesem Verfahren nur als normale Mitglieder beteiligt.

Die Piratenpartei braucht aufgrund dieses Systems keine charismatischen Führer im Vorstand. Wir brauchen Organisationstalente, die den Verwaltungsaufgaben des Vorstandes gewachsen sind. Sonst nichts.

Ich hatte in diesem Blogpost bereits ausgeführt, dass es für uns Piraten sinnvoll wäre neben dem Vorstand auch Vorbilder zu haben. Insbesondere für die Presse wäre das wichtig, weil diese mit unserem machtlosen Vorstand nicht umzugehen weiß, wie viele verfehlt interpretierende Artikel gezeigt haben.

Was mit dem Samsung Galaxy Note 10.1 2014 nicht stimmt.

Da ich gerade in Seoul bin, habe ich mal die Gelegenheit genutzt und mir das aktuelle Galaxy Note 10.1 2014 edition live angeschaut. Das Tablet hatte mich schon vorher mit seinen beeindruckenden technischen Daten gereizt: 2 x 4 Kerne bigLittle, reichlich RAM und mehr als Full HD Display-Auflösung. Dazu drucksensitiver Stift mit Digitizer und Handschrifterkennung. Klingt alles super, überzeugen kann das Tablet aber nicht.

Im Laden dann kam die große Enttäuschung. Das Tablet regiert so träge wie ein Tablet das 2 Jahre auf dem Buckel hat. Der Stift gleitet nur mit viel Reibung übers Display und er ist ungenau. Zum digitalen Zeichnen ist das Tablet zu ungenau. Ein Grafiktablett kann es nicht ersetzen. Der Strich auf dem Display zieht mit fast einer halben Sekunde Verzögerung hinter dem Stift her. Die Oberfläche wirkt überfrachtet und wenig durchdacht. Ein fast schon mieses Gesamtbild, obwohl einige Punkte durchaus positiv auffallen: Das Display ist sehr scharf und die hohe Auflösung definitiv das, was man bei einem Gerät dieser Größe heutzutage erwarten sollte. Der Stift ermöglicht auch kleine Buttons zu treffen, was Surfen ohne ständiges Ranzoomen ermöglicht. Außerdem gibt es ein Mouse-over, was die Bedienung vieler Desktop-Webseiten möglich macht. Auch die Schrifterkennung funktioniert zumindest auf dem Niveau meines Newton 200, was mir gezeigt hat, dass ich diese Eingabemetbode auf Tablets durchaus mag. Gut ist auch, dass man den Handballen beim Schreiben ablegen kann, ohne dadurch ungewünschte Touch-Ereignisse auszulösen.

Durchgefallen ist das Tablet aber klar bei der Alltagstauglichkeit. Ich mag Samsungs Android Oberfläche nicht und mache sie für die träge Bedienung des Tablets verantwortlich. Was ich mir wünsche sind keine Apps sondern Programme, die zum produktiven Arbeiten entwickelt wurden. Ich möchte meine Mails mit Thunderbird verwalten und meine Dokumente mit TeX oder LibreOffice schreiben können. Ich möchte meine Entwicklungsumgebung nutzen können und eine bash für die ganzen Konsolentools beim Programmieren. Ich möchte dass Python läuft und Gimp.

Für ein Tablet möchte ich kein Android. Wenn Android Apps laufen ist das schön, aber wirklich brauchen würde ich die 'richtigen' Unix Programme. Für mich wäre ein Ubuntu auf einem Stift-Tablet ein gutes System. Ich bräuchte lediglich eine Hardware-Taste, um die Schrifterkennung zu aktivieren, weil ich meistens keine Tastatur angeschlossen hätte. Für so ein System würde ich Samsung oder sonstwem sogar mehr bezahlen als für das sowieso schon teure Galaxy Note. Aber so lange mir kein Tablet angeboten wird, das ich auch bereit bin zu kaufen, komme ich eben mit meinem Desktop PC aus.

Netzneutralität selbstgebaut

Die Debatte um den möglichen Fall der Netzneutralität ist in aller Munde. Warum die Telekommunikationskonzerne sie kippen wollen habe ich ja hier schon begründet. Dass wir das verhindern wollen ist auch klar. Aber ob wir es verhindern können ist fraglich. Also ist mal wieder die Eigeninitiative Vieler gefragt.

Die Grundstruktur des Internets setzt auf Netzneutralität. Man spart sich den Aufwand Pakete genauer anzuschauen und routet sie entsprechend der IP, an die sie gehen sollen. Dabei kennen Router meist einige IPs oder Bereiche von IPs zu denen die Pakete geschickt werden können und routen alle anderen Pakete zu gewissen Default-Routen. Diese äußerst einfache Technik reicht im Prinzip aus, um das Internet zu betreiben. Natürlich gibt es bei modernen Routern auch sehr ausgefeilte Konzepte, um Pakete auf kürzeren und schnelleren Wegen ans Ziel zu bringen, aber es tut an dieser Stelle nichts zur Sache, ob man weiß wie das genau abläuft. Für ein Netz wie das Internet brauchen wir also einige Router und Datenverbindungen dazwischen.

Die Aktuelle Struktur ist so, dass eine Verbindung mit geringer Bandbreite (z.B. ADSL) zu einem Knotenpunkt des Providers geht. Dieser Routet die Pakete über Glasfserkabel mit hohen Bandbreiten zu einem Knotenpunkt an den der Webserver angeschlossen ist. Da wir nur die eine Leitung zum Provider haben hat uns dieser in der Hand: Tun wir etwas unliebsames oder zahlen nicht genug kann er uns die Verbindung kappen, drosseln oder einen Teil der Pakete herausfiltern. Außerdem hat dieser Provider alle Rohdaten zu unserem Internetverkehr, was Ideen wie Vorratsdatenspeicherung erst ermöglicht.

Als Piraten sehen wir den Netzanschluss als Grundversorgung. Er ist eine Infrastruktur die für jeden Menschen verfügbar sein muss, damit sich jeder Einzelne über das Netz Informationen beschaffen kann, kommunizieren kann, Informationen bereitstellen kann, an Online-Demokratie teilnehmen kann, etc. Wir wünschen uns also eine Infrastruktur bei der wir nicht einem einzelnen Anbieter ausgeliefert sind.

Bauen wir unser privates Netz

Technik um IP-Daten zu übertragen ist uns allen bekannt. Wer das liest hat meist einen Router mit W-Lan in der Wohnung und vielleicht schon mal selbst ein Netzwerkkabel verlegt. Genau diese Technik können wir werwenden, um uns ein Netz aufzubauen, bei dem jedem von uns ein kleiner Teil der Infrastruktur gehört.

Natürlich haben wir keine Garantie, dass andere Netzteilnehmer ihre Infrastruktur immer verfügbar halten. Deswegen muss dieses Netz sehr engmaschig werden, damit es immer eine ganze Reihe von Ausweichknoten gibt, falls mal ein Knoten ausfällt. Ein so aufgebautes Netz nennt man Meshnetz und der Aufbau einer solchen Infrastruktur wird seit einiger Zeit von der Freifunk-Community voran getrieben.

Freifunk nutzt standardmäßig günstige W-Lan-Router, um diese per W-Lan zu vernetzen. Das funktioniert sehr gut in Städten, wo genug Freifunkter zusammen kommen und die Router jeweils das W-Lan einiger benachbarter Router empfangen. Falls die Distanz zu groß wird kann manchmal mit Richtantennen eine Funkverbindung aufgebaut werden. Freifunk bietet Workshops an, um diese Antennen einfach kostengünstig selbst zu bauen.

Ein Problem der Funkverbindungen ist jedoch ihre geringe Bandbreite. Ein W-Lan-Modul eines Routers kann selten erheblich mehr Bandbreite liefern, als ein Anschluss z.B. per DSL. Das ist auch in so fern tragisch, da über das Mesh-Netz nicht nur der eigene IP-Verkehr geht, sondern auch Transit-Pakete aus anderen Teilen des Netz. Gebraucht werden würde eigentlich eine enorm schnelle Verbindung zwischen allen Netzknoten, damit auch Transit mühelos in der enormen Bandbreite untergeht.

Die Lösung dafür sind Kabel. Während über W-Lan meist ca. 40MBit transferiert werden können, schafft ein haushaltsübliches Twisted-Pair-Kabel schon 1000MBit. Mit Glasfaser ist da deutlich mehr möglich. Wenn ich meinen Garten neu gestalte, sollte ich also die Gelegenheit nutzen ein Kabel zum Nachbarn zu legen, um schon mal eine schnelle Verbindung zu haben. Das ist auch völlig legal und eigentlich sogar eine gute Idee. Wenn die Straße vorm Haus aufgegraben wird sollte ich dort eigentlich auch direkt ein Kabel hinein legen. Wenn das nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschieht, wird das allerdings vermutlich ein großer Verwaltungsakt (den es nicht geben sollte. Hier ist politisches Umdenken gefragt, da so ein Kabel in der Straße eigentich keinen stört). In England haben frustrierte Rentner auf dem Land, die keinen vernünftigen Netzanschluss bekommen haben, das Problem selbst in die Hand genommen und Kabel durch ihre Vorgärten gelegt.

Viertel oder Straßenzüge, die sich selbst vernetzen haben auch marktwirtschaftlich potential. Durch den Ausbau mit der eigenen Hand entfällt für Provider der teuere Ausbau bis zum Haus. Stattdessen können Provider ein für sie lohnendes Angebot für den Anschluss des Vorgartennetzes deutlich unter dem normalen Preis machen, weil sie die Anschlusskosten nicht mit einrechnen müssen.

Ein Beispiel: Eine Straße mit 10 Häusern mit je 2 Parteien baut ihr eigenes Netz. Normalerweise würden alle 20 Parteien 30€ pro Monat für ADSL mit 50MBit downstream ausgeben. Im Idealfall würde der Provider am Zugangsknoten dafür mindestens 1000MBit zur Verfügung stellen. Wenn die Community nur einen leichten Rabatt für die gesparten Anschlusskosten heraus schlägt und 500€ statt 600€ zahlt, zahlt schon mal jeder in der Straße knapp 17% weniger für sein Internet. Dafür haben aber alle einen Anschluss mit maximal 1000MBit statt 50MBit. 50MBit sind es nur, wenn alle synchron die Leistung voll auslasten. Wenn z.B. spät nachts nur einer die Bandbreite nutzt, hat dieser 1000MBit zur Verfügung. Außerdem können jetzt alle in der Straße schnell Daten austauschen, ohne den Provider dafür bezahlen zu müssen. Vom internen Datenverkehr bekommt dieser gar nichts mit.

Besonders interessant wird es, wenn ein Nachbarschaftsnetz mehr als einen Provider für die Verbindung zum Rest des Internets nutzt. Dann addiert sich nicht nur die Bandbreite der Provider-Anschlüsse, sondern es wird auch immer schwerer die Internetaktivitäten der Nutzer zu überwachen. Interessant ist das z.B. mit einem Proxy-Server im Nachbarschaftsnetz, da die Provider dann nicht zuordnen können wer aus dem Netz welche Anfrage geschickt hat.

Ich jedenfalls freue mich über jeden neuen Router im Freifunk-Netz. Und wenn mal jemand die Chance sieht sich per Kabel zu vernetzen: Tue es!

Piraten und Köpfe

"Themen statt Köpfe" hieß es zu Zeiten als die Piratenpartei gegründet wurde. Als es ca. 2010 schwierig wurde gute Presse zu bekommen wurde diese Devise zunehmend in Frage gestellt. Beim Hype rund um die Landtagswahlen in Berlin, NRW und im Saarland wurden einige Gesichter aus den Reihen der Piraten durch die Presse bekannt gemacht, ob sie es wollten oder nicht. Diese Gesichter sind jetzt keine Vorstände mehr und haben oft keine Ämter, was von der Presse als Niedergang der Piratenpartei verstanden wird. Diese Interpretation ist sicherlich falsch aber dennoch stellt sich die Frage, wie wir mit Köpfen umgehen sollten.

Die Presse verlangt nach Figuren, weil die Presse Geschichten schreibt und weil Geschichten ohne Subjekt nicht interessant sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir es als Piraten nicht schaffen abstrakte Figuren wie "die Basis" oder "der intelligente Schwarm" pressewirksam zu inszenieren. Wenn wir ehrlich sind, muss man schon einen guten Einblick in die Strukturen und Abläufe innerhalb der Piratenpartei haben, um diese abstrakten Figuren bei der Arbeit zu erkennen. Das macht es nicht nur zum Problem für die Presse, sondern auch für neue Interessenten.

Die etablierten Parteien inszenieren ihre Vorsitzenden und Spitzenkandidaten. Für Presse und Öffentlichkeit (auch innerhalb der Partei) werden Anführer inszeniert, die aufgrund ihres überlegenen Wissens, ihrer außerordentlichen Integrität und vor allem ihrer Durchsetzungskraft legitimiert sind Macht auszuüben. Die Presse spielt dann mit diesen Bildern. Mal wird ein Skandal daraus gemackt, dass die Köpfe aus der Parteispitze etwas nicht wissen, mal dass sie inkonsequent handeln, mal dass sie sich gegen ihre Partekollegen nicht durchsetzen können. Diese Inszenierung überdeckt die reale Struktur, da die Vorsitzenden auch bei etablierten von der Parteibasis legitimiert werden und daher die Macht eigentlich von den normalen Parteimitgliedern ausgeht. Diese wählen aber nur zwischen mehreren Führern, die jeweils auf die gleiche grundsätzliche Inszenierung setzen, anstatt ihre Macht auch dafür einzusetzen an der Inszenierung selbst etwas zu ändern.

Als Piraten wollen wir die inszenierungsstrategien der Etablierten nicht übernehmen. Wir wollen Themen statt Köpfe, weil unser Hauptinteresse der Veränderung der Sache gilt und die Frage wer die Änderung umsetzt für uns zweitrangig ist. Wir verzichten daher auf die Inszenierung und verlieren damit nachvollziehbare Protagonisten.

Der Verlust von Protagonisten muss aber nicht sein. Was wir als Piraten nämlich gut gebrauchen können sind Vorbilder. Vorbilder der Piraten könnten unseren Ideen ein Gesicht geben. Vorbilder sind gute Protagonisten für die Geschichten, die die Presse schreiben möchte und sie sind Leitbilder für neue Piraten.

Ein piratisches Vorbild muss unsere Ideen verstanden haben. Es muss rhetorisch überzeugend sein und Menschen emotional berühren können. Es muss integrität ausstrahlen und stets konsequent sein in seinem handeln. Ein piratisches Vorbild ist kein anführer, es inspiriert nur dazu es ihm gleich zu tun. Das heiß das Vorbild tut gutes und redet darüber. Ein Vorbild ist bürgernah und erreichbar über verschiedene Kanäle, besonders öffentliche wie Twitter. Das Vorbild lebt in der Öffentlichkeit und inszeniert sich dort für jeden zum Nacheifern.

Ein Vorbild muss keine Verwaltungsaufgaben meistern können. Ein Vorbild muss keine schweren Entscheidungen treffen. Ein Vorbild muss kein Anführer sein und sich auch nicht gegen andere Vorbilder zur Wehr setzen. Ein Vorbild muss kein Parteivorsitzender sein und kein Spitzenkandidat. Ein Vorbild kann alle Aufgaben die nicht in der Öffentlichkeit statt finden an andere abgeben.

Ein Vorbild der Piraten muss nicht mal ein wirklicher Mensch sein. Es könnte eine fiktionale Figur wie ein Superheld sein. Das Vorbild muss nur öffentlich auftreten und öffentlich handeln können. Man muss das Vorbild zu Talkshows einladen können und man muss es inteviewen können. Es muss in einem Werbespot auftreten können und es muss seine sozialen Netzwerke pflegen können.

Ich denke wir sollten ein solches Vorbild erschaffen. Eines, das kein Amt hat und in keinem Parlament arbeiten muss. Ein Vorbild dessen einzige Aufgabe es ist Vorbild zu sein und unsere Hoffnungen einer besseren Welt zu verkörpern. Mir wäre das z.B. eine kleine Extra-Spende wert.

Europawahl 2014: Was müssen wir ändern?

Als Piraten erinnern wir uns alle noch gern an die Hochgefühle von 2010. Jetzt, 2014 mit gerade einmal 1,4% stehen wir vor einem enttäuschenden Ergebnis und fühlen uns zu entschuldigenden Sätzen der Etablierten hingerissen. "Wir konnten die Wähler nicht ausreichend für unsere Themen begeistern." Aber was muss die Piratenpartei wirklich ändern?

Die Antwort ist: Nichts! Wir sollten als Piraten nichts ändern!

Das heißt nicht, dass ich der Meinung bin, dass bei uns alles toll gelaufen ist. Die Piratenpartei soll sich weiter entwickeln. Aber wir sind bereits auf dem richtigen Weg.

Als Piraten haben wir bereits die Kernaspekte der etablierten Politik in Frage gestellt und haben in unseren eigenen Strukturen alles anders gemacht. Bei uns darf jeder abstimmen, jeder darf Anträge schreiben, jeder darf alles Sagen. Als Partei in einer "Mediendemokratie" (welche real wenig mit Demokratie zu tun hat) haben wir damit Uneinigkeit und schlechte Presse produziert und viel Sympathie uninformierter Wähler verloren. Aber genau das wollen wir. Als richtige Demokraten wollen wir keine uninformierten Protestwähler, sondern verantwortungsbewusste Bürger, die sich gut informiert für unsere Visionen entscheiden.

Unsere Aufgabe als Piraten, als erneuerer des verkrusteten politischen Systems besteht nur in zweiter Linie in einem effektiven Wahlkampf. In erster Linie müssen wir unsere Visionen für uns selbst umsetzen und babei sind wir auf einem guten Weg:

  1. Wir machen das mit der Basisdemokratie. Trotz hoher Mitgliederzahlen und komplex zu organisierender Parteitage gibt es bei uns weiterhin keine Delegierten.
  2. Wir machen das mit der Transparenz. Trotz Shitstorms und schlechter Presse gibt es bei uns weitgehendste Einblicke in alle Ebenen. Die Informationen, was Piraten tun liegen offen.
  3. Wir machen das mit dem Datenschutz. In keiner anderen Partei hat das Thema Datenschutz so viel Gewicht im Programm. Alle Ideen in anderen politischen Bereichen werden bei den Piraten immer im Lichte des Datenschutz analysiert.
  4. Wir machen das mit der Mitmachpartei. Bei uns kann jeder Anträge stellen und bekommt sogar Hilfe bei der Formulierung. Um an der Diskussion beteiligt zu sein ist nicht einmal die Mitgliedschaft Voraussetzung.
  5. Bei uns gibt es keinen Lobbyismus. Wir achten penibel darauf nicht zu Marionetten von Geldgebern zu werden. Dies ist ein Grund für unsere deutlich schlechtere Finanzlage gegenüber anderen Parteien.

Wir machen diese Dinge gut und wir sollten sie unbedingt weiter machen. Wir sollten uns auf die Schulter klopfen, weil wir ein chaotischer Haufen sind, die sich nicht einig werden und nie Geld für einen Wahlkampf haben bei dem wir mit den etablierten mithalten können. Diese Dinge sind symptome dessen, was wir richtig machen.

Folgendes würde ich in Zukunft gerne noch verbessern:

  • Unsere Basisdemokratie ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Wir sollten Antragsvorbereitung, Diskussion, Information und Abstimmung komplett online ermöglichen und auch daran denken, dass nicht jeder Pirat immer Zeit für alle Themen und Anträge hat.
  • Unsere Transparenz ist oft in Wiki-Artikeln oder Mailinglisten versteckt. Wir sollten uns verstärkt darum kümmern wie wir die Informationen so aufbereiten können, dass sie gefunden werden und leicht zu nutzen sind.
  • Wir sollten uns stärker um innerparteiliche Bildung kümmern. Viele unserer Themen sind schwer verständlich und komplex. Oft verstehen Piraten nicht was andere Piraten wollen. Wir müssen anfangen uns gegenseitig all diese Komplexen Themen zu erkären. Am Besten dezetral, asynchron und im Internet.

Als Piraten sind wir in einer bitteren Phase. Schnelle Wahlerfolge sind nicht mehr zu erwarten und die Presse hat bereits gezeigt, dass sie kein Interesse hat unsere Themen zu vermitteln. Wir haben jetzt alles verloren, was wir nicht verdient hatten. Jeder dem wir ab jetzt erklären wie echte Demokratie 2.0 aussehen könnte ist ein neuer Wähler. Jeder der neu erkennt, wie unere Alternative zu "alternativlos" funktioniert, ist ein neuer Wähler.

Wir brauchen jetzt die Motivation weiter zu machen ind uns nicht von Wahlergebnissen entmutigen zu lassen. Dafür sollten wir uns darauf besinnen was Spaß daran macht Pirat zu sein und wir sollten diesen Spaß vermitteln. Mir z.B. macht es Spaß mir alternative Systeme auszudenken und diese im Wahlprogramm zu fordern. Mir macht es Spaß mit Gleichgesinnten über diese Ideen zu diskutieren und die Ideen dadurch noch besser machen zu können. Ich weiß nicht, was euch als Piraten Spaß macht, aber lasst es uns tun.

Was die Debatte um Netzneutralität über Marktwirtschaft aussagt

Über Netzneutralität wird aktuell viel Diskutiert. Befürworter sehen Ideale des Internets von Profitgier bedroht. Gegner verstehen die Aufregung nicht: Wo ein Markt entstehen kann, kann auch Geld verdient werden. Was sagt diese Debatte über das Wesen der Marktwirtschaft aus?

Marktwirtschaft bzw. Kapitalismus ist eine sehr elegante Lösung für die Problematik "Wie verteile ich ein knappes Gut in einer Gesellschaft so, dass es dort benutzt wird, wo es am dringendsten gebraucht wird". Haben alle Marktteilnehmer die gleiche Menge Kapital, werden sie automatisch besonders für die Güter viel bezahlen, die sie dringend brauchen. Da wir in einer Marktwirschaft leben, haben wir einige typische Vorgänge im Selbstregulierenden Markt schon erlebt. Durch neue Technologie oder neue Vorkommen begehrter Güter kommt es immer wieder dazu, dass ein neuer Binnenmarkt geschaffen wird. Wenn das passiert reibt sich die ältere Generation stets die Augen und stellt fest, dass mit Dingen viel Geld verdient wird, die es vorher nicht gab, und die niemand zu brauchen scheinte.

Das Internet ist relativ unabhängig von marktwirtschaftlichen Prinzipien entstanden. An der Entwicklung waren Forschungseinrichtungen des Militärs und Universitäten beteiligt und sowohl Behörden als auch Unis gehorchen sehr wenig Gesetzen des Markts. Für die Kommunikation zwischen den Computern war es zunächst wichtig überhaupt ein geeignetes Kabel verlegt zu haben. Lag das Kabel, war die Menge der Daten, die darüber übertragen werden mussten weit geringer als die Bandbreite. Kurze Staus konnte man abwarten.

In dieser frühen Phase des Internet bildete sich das Prinzip der Netzneutralität: Jedes Datenpaket wird mit der gleichen Priorität behandelt. Die genaue Untersuchung der Pakete wäre damals ohnehin zu aufwendig gewesen. Wenn es an zentralen Knotenpunkten mal eng wurde, sorgten die Provider schnell dafür, dass die Bandbreite der Verbindung erhöht wurde. Der technische Aufwand hierfür war lang geringer als eine Überholspur für besonders wichtige Pakete einzuführen.

Heute hat sich an dieser situation nicht viel verändert. Es ist immernoch möglich die Bandbreiten der Netze so auszubauen, dass alle Pakete und nicht nur die besonders wichtigen Pakete schnell ankommen. Die Kosten dafür sind für die Bestehenden Betreiber auch bezahlbar. Diese wittern aber die Chance auf einen neuen Markt: Sowohl Kunden zahlen für den Anschluss as auch Anbieter für die Einteilung ihrer Pakete als "wichtig". Vom unweigerlichen Ausbremsen der "unwichtigen" Pakete profitieren die Provider, da dies den Druck auf die Anbieter erhöht doch zu bezahlen. Außerdem wird durch den neuen Markt der Druck genommen die Netze überhaupt auszubauen, da sich der Provider das Geschäft vermiest, wenn er die "unwichtigen" Pakete nicht genug bremst.

Eine solche Situation bezeichnet man als einen zweiseitigen Markt. In einem zweiseitigen Markt wird der Marktwert nicht durch den eigentlichen Wert des Produkts sondern durch die Anzahl der Marktteilnehmer auf der jeweils anderen Seite bestimmt. Ein Beispiel dafür sind Social Networks: Die Attraktivität von social Networks hängt nicht von der Qualität der Software ab, die der Anbieter programmiert, sondern von der Anzahl der Nutzer. Je mehr Nutzer beteiligt sind, desto größer ist die Attraktivität für Werbetreibende. Wird über Werbung viel Umsatz über das Social Network gemacht steigert dies die Attraktivität für neue Nutzer, weil im Netzwerk viel los ist. Gewinner ist der Anbieter, der mit etwas Geld verdient, was in keinem Zusammenhang mit der investierten Arbeitszeit oder anderen Investitionen steht. Es ist klar, dass Lobbyisten für große Provider wie die Telekom, Vodafone oder Telefonica stark darauf hinwirken den Providermarkt zu einem solchen zweiseitigen Markt zu machen.

Zweiseitige Märkte sind generell sehr selten. Außerhelb der IT-Branche kommen sie höchstens bei Volksfesten vor, wo die Möglichkeiten dem normalen Bürger überteuerte Getränke unterzujubeln auch sehr begrenzt sind. Bei Infrastruktur wie Straßen beugt der Staat einer Verknappung vor, um hier keinen Markt entstehen zu lassen (wer sollte für 10min weniger Stau viel Geld für eine private Autobahn ausgeben?). Abgesehen von der technischen Unmöglichkeit wäre die Idee eines Endes der Stromnetzneutralität sicherlich nicht nur für mich äußerst abschreckend.

Die Zweiseitigen Märkte in der IT-Branche haben alle zu einer verringerung des Wettbewerbs und zu einer Monopolartigen Stellung einzelner Anbiter geführt. Im Betriebssystemmarkt ist Microsoft Monopolist, nur gefährdet durch Linux, weil dieses als Open-Source die Markwirtschaft selbst angreift. Im Suchmaschinenmarkt (Onlinewerbung) ist Google monopolist ohne dass ein Ende des Monopols absehbar wäre. Im Markt für personalisierte Werbung (Social Network) ist Facebook Monopolist, gefährdet nur durch die Frage ob personalisierte Werbung überhaupt gebraucht wird. Ich denke die Beispiele reichen um glaubhaft schlussfolgern zu können, dass globale zweiseitige Märkte immer zu Monopolen führen, da sich ihre Dynamik nicht ausgleicht sondern bis ins Extrem beschleunigt.

Monopole widerum sind eine bekannte Gefahr für die Marktwirtschaft. Staaten versuchen per Gesetz gegen Monopolbildung vorzugehen, was aber in einer globalisierten Welt kaum mehr umsetzbar ist. Längst haben Preisabsprachen z.B. bei der Mineralöl- oder Finanzbranche die Preise stark verzerrt. Wer glaubt für Werbung bei Google oder Facebook einen fairen Preis (im Sinne einer korrelation zwischen Arbeitszeit und Preis wie bei der Produktion won Waren aller Art) zu bezahlen hat das Geschäftsmodell dieser Anbieter nicht verstanden.

Die Politik kann nun das alte Prinzip der Netzneutralität kippen und damit den Weg frei machen, dass ein Provider gegen alle anderen im Markt des Zwei-Klassen-Internet gewinnt. Oder sie kann an einem einfachen Prinzip festhalten und den Markt so einseitig und damit beherrschbar halten.

Was bedeutet das für andere zweiseitige Märkte?

Hier sind die eigentlichen Ideen gefragt. Die Netzneutralität macht durch nur eine einfache Regel aus einem zweiseitigen Markt einen einseitigen Markt. Gibt es vielleicht ähnliche Prinzipien für andere Märkte? Wie sieht eine Social-Network-Neutralität aus? Wie muss man eine Suchmaschinenneutralität formulieren? Brauchen wir eine Betriebssystemsneutralität?

Bei den Betriebssystemen wurde eine Browserneutralität bereits durchgesetzt. Trotz der hohen Verbreitung von Windows hat der Internet Explorer keine Monopolstellung. Schade, dass dieses Prinzip bei WindowsRT und iOS nicht durchgesetzt wird.

Ich wäre dafür, dass z.B. eine einheitliche Schnittstelle für die Kommunikation zwischen sozialen Netzwerken verlangt wird. Oder eine unabhängige AdWords-Börse die Platzierung der Ergebnisse für alle Suchmaschinen verhandelt. Ideen sind also da. Jetzt muss die Politik nur entscheiden ob sie nicht nur einen Fehler nicht machen will, sondern auch aus dem vermiedenen Fehler etwas lernen und etwas verbessern möchte.

Geheime digitale Wahl nach dem SDMV-Prinzip

Bei den Rheinlanpfälzischen Piraten gibt es nun seit ca. einem Jahr die SDMV. Bei der SDMV handelt es sich um eine dezentrale Urnenabstimmung zu regelmäßigen Terminen. Durch verschiedene Urnen in unterschiedlichen Regionen wird die Fahrzeit zu den SDMV-Abstimmungen im vergleich zu Parteitagen im Durchschnitt reduziert und es sind Abstimmungen im Abstand von 8 Wochen möglich. Die folgende Idee würde das System digitalisieren...

Eine genauere Beschreibung der SDMV findet sich hier und hier ein Fazit zum Erfolg der SDMV.

Bei der SDMV handelt es sich um ein analoges Verfahren, das weiterhin alle ausschließt, die nicht an den Wahlterminen persönlich erscheinen können. Wer aus Gründen von Behinderung, mangelndem Geld, beruflichen und privaten Terminproblemen oder auch nur aus der mangelnden Bereitschaft die nötige Zeit zu investieren nicht zu den Abstimmungen erscheint verliert sein Stimmrecht.

Eine digitale Wahl würde diese Problematik deutlich entschärfen, da der nötige zeitliche und finanzielle Aufwand um Größenordnungen kleiner ist. Natürlich will man aber für eine digitale Wahl keine Fundamentalen Rechte wie das Geheimnis der Wahl oder die Nachprüfbarkeit der Wahlergebnisse aufgeben. Glücklicherweise muss man das auch nicht, wenn man sich an den folgenden Ablauf für eine Digitale Wahl hält: Die digitale SDMV

Um das Prinzip der SDMV in einer digitalen Wahl abzubilden müssen im Prinzip nur die Vorgänge der SDMV in die digitale Welt übertragen werden. Dabei ist es an einigen stellen nötig Verschlüsselungsverfahren zu verwenden, bei denen der Beweis ihrer Wirksamkeit an dieser Stelle deutlich zu weit gehen würde.

Wie bei einer analogen Wahl muss zunächst sichergestellt werden, dass nur diejenigen einen Stimmzettel bekommen, die zur Wahl zugelassen sind. Dafür erzeugt ein Wahlleiter ein einzelnes Schlüsselpaar. Den geheimen Schlüssel muss er bis zum Ende der Stimmabgabe geheim halten, der öffentliche Schlüssel wird an die Wähler ausgegeben. Dabei ist es wichtig, dass niemand, der kein Stimmrecht hat einen solchen Schlüssel bekommt. Die Wähler könnten sich z.B. mit dem e-Perso ausweisen, oder mit einem PGP-Schlüssel, der vom Generalsekretär bei einer Key-Signing-Party unterschrieben wurde. Mit diesem öffentlichen Schlüssel kann der Wahlleiter den öffentlichen Schlüssel der Wahl verschlüsselt den Wählern zuschicken. Jeder Wähler kann dann auf einem Computersystem dem er vertraut seine Stimme abgeben und mit dem öffentlichen Schlüssel der Wahl verschlüsseln. Sobald die Stimme verschlüsselt ist, kann niemand außer dem Wahlleiter einsehen, was der Wähler abgestimmt hat.

Da jeder Wähler den gleichen Schlüssel zugeschickt bekommt, besteht die Gefahr, dass böswillige Wähler diesen an dritte Weitergeben, die nicht wahlberechtigt sind, oder mehrfach abstimmen. Dies kann für den Einzelfall nicht nachvollzogen werden, da sonst die Stimmen in einer Weise markiert wären, sodass es am Ende möglich wäre zuzuordnen wer welche Stimme abgegeben hat. Wir können jedoch die Gesamtzahl der Stimmen überwachen und das gesamte Wahlergebnis ungültig machen, wenn zu viele Stimmen abgegeben wurden. Die Anzahl der Stimmen kann bereits vor der Auszählung geprüft werden, gewissermaßen zu dem Zeitpunkt bei dem die Umschläge mit den Stimmen noch zugeklebt sind. Das bedeutet auch, dass diese Prüfung nicht allein durch den Wahlleiter erfolgen muss, sondern von jedem durchgeführt werden kann, der weiß wie viele Stimmen für eine Urne erwartet werden. Um an dieser Stelle doppelte Stimmgewichte auszuschließen muss verlangt werden, dass jeder, der nach einem Stimmzettel fragt diesen auch ausfüllen muss.

Wenn die Stimmen direkt an den Wahlleiter gingen, könnte dieser, z.B. durch das Vergleichen der IP-Adresse an die der Stimmzettel ging mit der von der eine Antwort kommt, versuchen zuzuordnen von wem welche Stimme abgegeben wurde. Über den öffentlichen Schlüssel der Wahl ist eine solche Zuordnung nicht möglich, da alle Wähler den gleichen Schlüssel verwenden. Um eine solche Zuordnung unmöglich zu machen schicken die Wähler ihre Stimme nicht an den Wahlleiter, sondern an ihre Urne. Die eigene Urne ist ein Proxy, der folgende Aufgaben erfüllt:

  • Er sammelt die verschlüsselten Stimmen der Wähler die zu dieser Urne gehören.
  • Er zählt die abgegebenen Stimmen und vergleicht die Anzahl mit der erwarteten Zahl der Stimmen, die der Wahlleiter der Urne mitteilt. Wenn die Anzahl nicht exakt stimmt, wird die gesamte Urne ungültig.
  • Er gibt die Gesammelten Stimmen als Block an den Wahlleiter weiter.

Die Teilnehmer einer Urne müssen auf einige Eigenschaften ihrer Urne achten, um sicher zu gehen, dass sie ihr Stimmgewicht nicht verlieren: Die Urne muss unabhängig vom Wahlleiter sein und darf diesem keine Verbindungsdaten mitteilen, weil sonst die Wahl unter Umständen nicht mehr geheim wäre und alle Teilnehmer der Urne müssen darauf verzichten Stimmen doppelt abzugeben, weil sonst die gesamte Urne nicht gezählt wird. Natürlich müssen für eine geheime Wahl mindestens zwei Wähler an einer Urne sein. Am Besten ist es, wenn an der Urne nie einstimmige Ergebnisse zustande kommen, weil eine Wahl die an dieser Urne einstimmig ist nicht mehr geheim ist. Dieses Problem besteht ja auch bei der SDMV, wo sich Teilnehmerzahlen ab 5 Wählern als gangbar gezeigt haben.

Nachdem die Stimmanzahl an den einzelnen Urnen geprüft wurde und diese ihre Stimmen gesammelt an den Wahlleiter geschickt haben, kann der Wahlleiter die Umschläge der Stimmen aufreißen, indem er alle Stimmen mit dem geheimen Schlüssel der Wahl entschlüsselt. Sobald alle Stimmen abgegeben wurden, muss der geheime Schlüssel der Wahl ohnehin nicht mehr geheim gehalten werden, sodass der Wahlleiter die Liste der verschlüsselten Stimmen und den geheimen Schlüssel veröffentlichen kann, um jedem das Nachzählen des Wahlergebnisses zu ermöglichen. Jeder Wähler kann dabei auch für sich prüfen ob die eigene verschlüsselte Stimme in der Liste enthalten ist (und diese Information bitte für sich behalten) und ob die Zahl der Gesamtstimmen der Zahl der ausgegebenen Stimmen entspricht. Probleme

Die digitale SDMV hat mit den gleichen Problemen zu kämpfen, wie die analoge Variante. Um eine Ehrliche Diskussion zu ermöglichen möchte ich die Nachteile hier nochmal nennen:

  • Das Verfahren erfordert ein hohes Maß an Vertrauen, dass die Wahlhelfer an der eigenen Urne, bzw. die Betreiber des Proxy keine bösen Absichten haben. Melden diese Beobachtungen über das Abstimmverhalten an den Wahlleiter weiter, könnte die geheime Wahl gefährdet sein. Machen sie Fehler beim Prüfen der Stimmzettel, besteht die Gefahr dass die ganze Urne nicht gewertet wird.
  • Mehrfaches Einwerfen pro Wähler (egal ob durch sich selbst oder Dritte) macht die ganze Urne ungültig. Hier besteht ein sozialer Druck sich an die Regeln zu halten. Da es unverbesserliche Trolle geben könnte, muss eine Urne die Möglichkeit haben Wähler abzuweisen, die dann eine eigene Urne gründen können (dieses Recht kann immer bestehen, sodass niemand ganz von der Wahl ausgeschlossen ist).
  • Einstimmige Ergebnisse an einer Urne sorgen dafür dass diese Stimmen nicht mehr geheim sind. Dies ist bei einer Urne bestehend aus einer Person immer der Fall, weshalb davon abzuraten ist.
  • Dem Wahlleiter muss vertraut werden, dass die richtigen Personen Akkreditiert werden und bei der digitalen Variante dass der geheime Schlüssel bis zum Ende der Stimmabgabe geheim gehalten wird.

Vorteile

  • Sofern die Urnen nicht einstimmig sind handelt es sich um eine geheime Wahl.
  • Bei Einstimmigkeit können die Stimmen trotzdem gewertet werden.
  • Der soziale druck dass Stimmen ungültig werden könnten, macht Wahlmanipulationen unattraktiv.
  • Manipulationen machen immer nur eine einzelne Urne und nicht die gesamte Wahl ungültig.
  • Die Probleme dieses Verfahrens bestehen alle bereits bei der analogen SDMV, welche erfolgreich läuft und gezeigt hat, dass diese Probleme nicht so gravierend sind dass der demokratische Prozess gestört würde.
  • Alle Rohdaten der Abstimmung können veröffentlicht werden, sodass das Ergebnis von jedem und zu jeder Zeit überprüft werden kann.
  • Es handelt sich um eine digitale Wahl bei der die Wähler innerhalb einer ausreichenden Zeitspanne von vielen Tagen und bequem von Zuhause aus abstimmen können.

Die Diskussion dieser Idee wird auf der Mailingliste der AG-Meinungsfindung stattfinden: rlp-ag-meinungsfindung@lists.piratenpartei.de. Über diese Seite kann sich jeder bei der Liste anmelden.