Piraten und Köpfe

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"Themen statt Köpfe" hieß es zu Zeiten als die Piratenpartei gegründet wurde. Als es ca. 2010 schwierig wurde gute Presse zu bekommen wurde diese Devise zunehmend in Frage gestellt. Beim Hype rund um die Landtagswahlen in Berlin, NRW und im Saarland wurden einige Gesichter aus den Reihen der Piraten durch die Presse bekannt gemacht, ob sie es wollten oder nicht. Diese Gesichter sind jetzt keine Vorstände mehr und haben oft keine Ämter, was von der Presse als Niedergang der Piratenpartei verstanden wird. Diese Interpretation ist sicherlich falsch aber dennoch stellt sich die Frage, wie wir mit Köpfen umgehen sollten.

Die Presse verlangt nach Figuren, weil die Presse Geschichten schreibt und weil Geschichten ohne Subjekt nicht interessant sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir es als Piraten nicht schaffen abstrakte Figuren wie "die Basis" oder "der intelligente Schwarm" pressewirksam zu inszenieren. Wenn wir ehrlich sind, muss man schon einen guten Einblick in die Strukturen und Abläufe innerhalb der Piratenpartei haben, um diese abstrakten Figuren bei der Arbeit zu erkennen. Das macht es nicht nur zum Problem für die Presse, sondern auch für neue Interessenten.

Die etablierten Parteien inszenieren ihre Vorsitzenden und Spitzenkandidaten. Für Presse und Öffentlichkeit (auch innerhalb der Partei) werden Anführer inszeniert, die aufgrund ihres überlegenen Wissens, ihrer außerordentlichen Integrität und vor allem ihrer Durchsetzungskraft legitimiert sind Macht auszuüben. Die Presse spielt dann mit diesen Bildern. Mal wird ein Skandal daraus gemackt, dass die Köpfe aus der Parteispitze etwas nicht wissen, mal dass sie inkonsequent handeln, mal dass sie sich gegen ihre Partekollegen nicht durchsetzen können. Diese Inszenierung überdeckt die reale Struktur, da die Vorsitzenden auch bei etablierten von der Parteibasis legitimiert werden und daher die Macht eigentlich von den normalen Parteimitgliedern ausgeht. Diese wählen aber nur zwischen mehreren Führern, die jeweils auf die gleiche grundsätzliche Inszenierung setzen, anstatt ihre Macht auch dafür einzusetzen an der Inszenierung selbst etwas zu ändern.

Als Piraten wollen wir die inszenierungsstrategien der Etablierten nicht übernehmen. Wir wollen Themen statt Köpfe, weil unser Hauptinteresse der Veränderung der Sache gilt und die Frage wer die Änderung umsetzt für uns zweitrangig ist. Wir verzichten daher auf die Inszenierung und verlieren damit nachvollziehbare Protagonisten.

Der Verlust von Protagonisten muss aber nicht sein. Was wir als Piraten nämlich gut gebrauchen können sind Vorbilder. Vorbilder der Piraten könnten unseren Ideen ein Gesicht geben. Vorbilder sind gute Protagonisten für die Geschichten, die die Presse schreiben möchte und sie sind Leitbilder für neue Piraten.

Ein piratisches Vorbild muss unsere Ideen verstanden haben. Es muss rhetorisch überzeugend sein und Menschen emotional berühren können. Es muss integrität ausstrahlen und stets konsequent sein in seinem handeln. Ein piratisches Vorbild ist kein anführer, es inspiriert nur dazu es ihm gleich zu tun. Das heiß das Vorbild tut gutes und redet darüber. Ein Vorbild ist bürgernah und erreichbar über verschiedene Kanäle, besonders öffentliche wie Twitter. Das Vorbild lebt in der Öffentlichkeit und inszeniert sich dort für jeden zum Nacheifern.

Ein Vorbild muss keine Verwaltungsaufgaben meistern können. Ein Vorbild muss keine schweren Entscheidungen treffen. Ein Vorbild muss kein Anführer sein und sich auch nicht gegen andere Vorbilder zur Wehr setzen. Ein Vorbild muss kein Parteivorsitzender sein und kein Spitzenkandidat. Ein Vorbild kann alle Aufgaben die nicht in der Öffentlichkeit statt finden an andere abgeben.

Ein Vorbild der Piraten muss nicht mal ein wirklicher Mensch sein. Es könnte eine fiktionale Figur wie ein Superheld sein. Das Vorbild muss nur öffentlich auftreten und öffentlich handeln können. Man muss das Vorbild zu Talkshows einladen können und man muss es inteviewen können. Es muss in einem Werbespot auftreten können und es muss seine sozialen Netzwerke pflegen können.

Ich denke wir sollten ein solches Vorbild erschaffen. Eines, das kein Amt hat und in keinem Parlament arbeiten muss. Ein Vorbild dessen einzige Aufgabe es ist Vorbild zu sein und unsere Hoffnungen einer besseren Welt zu verkörpern. Mir wäre das z.B. eine kleine Extra-Spende wert.